Die Fahnenschwinger erinnern an die Schlacht bei Lackenbach

von | Apr 1, 2020 | Archiv

Foto: Gemeinde Neckenmarkt

Vor genau 400 Jahren haben mutige Neckenmarkter mitgeholfen, den Grafen Esterházy und auch Wien zu retten.

Es war eine kriegerische Zeit im heutigen Europa vor rund 400 Jahren. Protestantische Adelige rebellierten gegen den katholischen Habsburger-Kaiser in Wien. Sie wurden von den protestantischen Ständen Ungarns und Österreichs unterstützt, angeführt vom Siebenbürger Gabor Bethlen, der zum König von Ungarn gewählt wurde. Von Norden drangen Truppen bis nach Wien vor.

Und im heutigen Mittelburgenland? Dort, im damaligen West­ungarn, gab es die Herrschaft Landsee-Lackenbach. Das wirtschaftliche Zentrum war Neckenmarkt, es lag an der Bernsteinstraße von der Adria nach Wien – zwischen Güns/Köszeg und Ödenburg/Sopron. Das militärische Zentrum war die Festung Landsee. Dazwischen lag das Schloss Lackenbach. Durch die Heirat kurz zuvor war Graf Nikolaus Esterházy in den Besitz der Herrschaft Landsee-Lackenbach gekommen. Eisenstadt und Forchtenstein gehörten damals noch nicht zur Grafschaft.

Esterházy wollte Ödenburg katholisch machen

Anders als die meisten ungarischen Adeligen schlug sich Esterházy auf die Seite der katholischen Habsburger. Esterházy setzte Ödenburg, das mehrheitlich protestantisch war, unter Druck, sich zum katholischen Kaiser zu bekennen. Die Ödenburger riefen Gabor Bethlen um Hilfe, der mit seinem Heer auf dem Weg nach Wien bereits in Pressburg/Bratislava angelangt war. Er schickte von dort 4.000 Reiter und 800 Fußsoldaten den Ödenburgern zu Hilfe. Diese waren so schnell zur Stelle, dass Graf Esterházy es nicht mehr in sein militärisches Zentrum Landsee schaffte und sich in Lackenbach verschanzte. Dort wurde er – mit einem Teil der Neckenmarkter Miliz an seiner Seite – von den Soldaten Bethlens belagert.

Lackenbach wurde belagert – und gerettet

Esterházy war in der Klemme. Er musste handeln und tat es mit einer Doppelstrategie. Einerseits bat er in Wien um dringende Unterstützung, andererseits bot er den Bethlen-Truppen an, ohne Blutvergießen überzulaufen. In dieser aussichtslosen Situation tauchten aus dem Wald von Ritzing her kaiserliche Truppen auf, mit denen die Belagerer nicht gerechnet hatten. „Meine Truppen bestanden insgesamt aus 700 Reitern, 400 Kosaken, 300 Musketieren und 40 Schießgewehren. Mit ihnen … rückte ich vor…. Der Feind versuchte mich anzugreifen … ich erwartete ihn in meiner vorteilhaften Stellung…“ schrieb der Anführer Dampierre nach der Schlacht nach Wien. Die Bethlen-Truppen gerieten in Verwirrung, Dampierre griff an und mithilfe der Neckenmarkter Bauern, die angeblich auch mit Sensen und Dreschflegeln anrückten, errang man den Sieg. Die Ungarn flohen „bis hinter Ödenburg“.

Gabor Bethlen erfuhr in Hainburg von der Niederlage in der Schlacht bei Lackenbach und änderte seinen Feldzugsplan. Er nahm Ödenburg ein und ging nicht mehr zurück nach Wien. Die böhmischen Protestanten wurden von der katholischen Truppe in Wien geschlagen, Bethlen zog sich zurück.

Auch Wien gerettet

Nikolaus Esterházy wurde als Held gefeiert. Der Mut der tapferen Bauernmiliz aus Neckenmarkt wurde von einem französischen Beobachter eigens erwähnt, „weil sich diese auch im Wald verstecken hätten können“. Esterházy wurde Palatin, Vizekönig von Ungarn. Die Neckenmarkter erhielten von ihm einen neuen, günstigeren Herrschaftsvertrag und 1622, zwei Jahre nach der Schlacht, eine Fahne überreicht.

Neckenmarkt ist stolz auf das Fahnenschwingen

Die historische Fahne wird von der Neckenmarkter Burschenschaft aufbewahrt. Jahr für Jahr findet am Sonntag nach Fronleichnam das Fahnenschwingen statt. „Etwa 80 Burschen sind im Einsatz, einige davon in traditionellen, alten Uniformen. In einem Festzug ziehen wir durch den Ort, begleitet von der Blasmusik. Und ich schwinge mehr als 100 Mal die 36 Kilogramm schwere Fahne“, erzählt der Fähnrich des Vorjahres, Thomas Beisteiner. Das Fahnenschwingen zählt zu den ältesten und bedeutendsten Schaubräuchen in Österreich. Und es zählt offiziell zum immateriellen Kulturerbe in Österreich.

Bürgermeister Hannes Igler weist darauf hin, dass dem Einsatz der Neckenmarkter historische Bedeutung zukommt: „Das mutige Wirken der Neckenmarkter Bauernschaft vor 400 Jahren hat die Geschichte Mitteleuropas mit geprägt. Wer weiß, was aus unserem Landstrich geworden wäre, wenn die anderen gesiegt hätten. Ich bin stolz auf die Vorfahren. Und darauf, dass sich das Fahnenschwingen über Jahrhunderte erhalten hat.“

Quellen: Bernhard A. Weinhäusl, Festgabe der Burschenschaft anlässlich 380 Jahre Neckenmarkter Fahnenschwingen, 2002; Josef L. Zisper, Festschrift „350 Jahre Schlacht bei Lackenbach und Neckenmarkter Fahnenschwingen, 1970; www.unesco.at/kultur/immaterielles-kulturerbe/oesterreichisches-verzeichnis/detail/article/neckenmarkter-fahnenschwingen

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