Wenige Wähler wechseln

von | Nov 20, 2019 | Archiv

Mit Vorzugsstimmen-Rekord wieder in den Nationalrat. DI Niki Berlakovich aus Nebersdorf freut sich – mit ÖVP-Parteichef Sebastian Kurz – über 10.736 Vorzugsstimmen. Er ist der einzige Mittelburgenländer unter den neun Abgeordneten aus dem Burgenland. Hinter Berlakovich liegen bei den Vorzugsstimmen FPÖ-Chef Norbert Hofer (9.883), SPÖ-Kandidat Christian Drobits (8.600), Christoph Zarits von der ÖVP (7.321) und Maximilian Köllner von der SPÖ (6.834). / Foto: Berlakovich

Das Mittelburgenland ist anders. Offenbar auch bei der letzten Nationalratswahl. Das Wahlverhalten der 25.500 Personen ist deutlich stabiler. Doch auch im Bezirk gibt es Auffälliges und Außergewöhnliches. Hans Tesch hat die Wahlresultate unter die Lupe genommen.

Nirgendwo in Österreich sind die Veränderungen der Stimmenanteile der verschiedenen Parteien geringer als im Bezirk Oberpullendorf. Das sagt eine Analyse des Online-­Recherche-Magazins „Addendum“ aus. Konkret: Starke Zugewinne für die ÖVP und die Grünen, einschneidende Verluste für die Freiheitlichen – das ist der Österreich-Trend bei der Nationalratswahl vom September. Im Bezirk Oberpullendorf haben jedoch die ÖVP, die Grünen und die NEOS weniger dazu gewonnen, die SPÖ und die FPÖ haben gegenüber der Wahl 2017 weniger verloren.

Die türkisen Hochburgen

Das beste Ergebnis im Bezirk erzielte die ÖVP bei dieser Nationalratswahl in Pilgersdorf – mit 53,1 % bei einem Zugewinn von 2,9 Prozentpunkten. Auf mehr als 50 % steigern konnte sich die ÖVP in Unterrabnitz-Schwendgraben mit 51,8 % und in Nikitsch mit 51,1 %.

Zu den türkisen Hochburgen zählen nach dieser Wahl auch die Gemeinden Großwarasdorf mit 49,1 % (plus 4,7 %) ÖVP-­Anteil und Neckenmarkt mit ­­49,0 % (plus 3,6 %). Aus dem Großwarasdorfer Ortsteil Nebersdorf kommt der ÖVP-Spitzenkandidat im Regionalwahlkreis Süd DI Nikolaus Berlakovich. Der Ex-Landwirtschaftsminister und Präsident der burgenländischen Landwirtschaftskammer erreicht mit dem ÖVP-Erfolg wieder ein Mandat im Nationalrat. Und in Neckenmarkt hat der Ortsteil Haschendorf den Bezirksrekord aufgestellt: 70,7 % haben die ÖVP gewählt.

Die ÖVP gewinnt in der Großgemeinde Pilgersdorf – bei vielen „Ausreißern“ in den sieben Ortsteilen: In Salmannsdorf hat die ÖVP mit 61,5 % das zweithöchste Sprengelergebnis im Bezirk erzielt. Der Ortsteil Kogl hat sich wiederum als „rote Enklave“ gezeigt: Kogl hat mit 46,8 % den zweithöchsten SPÖ-Wähleranteil im Bezirk nach Neutal. Apropos Salmannsdorf: Hier hat die FPÖ einen doppelt so hohen Wähler­anteil wie die SPÖ, die hier nur 9 % erreicht hat.

Die roten Hochburgen

Neutal ist nach dieser Wahl die SPÖ-Hochburg von ganz Österreich – mit 52,4 % der Wählerstimmen. Und das bei einem Minus von 3,7 Prozentpunkten. Zur Klarstellung: Neutal wird zwar von der Kleinst-Gemeinde Tschanigraben im Bezirk Güssing übertroffen, diese stellt aber nur 21 SPÖ-Wähler und einen Anteil von 56,8 %.

Lackendorf hat den sechsthöchsten Stimmen-Zugewinn für die SPÖ in ganz Österreich erzielt: Mit dem Plus von 4,2 Prozent hält die SPÖ 45,3 %. Die ÖVP hat in Lackendorf ein Plus von 6,7 % erzielt.

Einen prozentuellen Zugewinn schaffte die SPÖ auch in Unterfrauenhaid (plus 2,4 %), in Unterrabnitz-Schwendgraben (plus 2,0 %) und in Weingraben (plus 0,6 %). Allerdings wird die SPÖ in Unterfrauenhaid von der 2017 noch  exakt stimmengleichen ÖVP (plus 6,6 %) überholt.

Wo Freiheitliche noch relativ stark sind

Die Freiheitlichen haben im Bezirk im Durchschnitt 7 Prozent ihrer Stimmen eingebüßt. Am stärksten ist die FPÖ in Mannersdorf an der Rabnitz (19,3 %), in Weppersdorf (19,2 %), in Kobersdorf (18,7 %), in Lutzmannsburg (17,9 %) und in Ritzing (17,6 %). Im Bezirksvorort Oberpullendorf sackten die 2017 erstarkten Freiheitlichen wieder auf 15,6 % ab – durch das Minus von 8,0 %.

Die größten Verluste erlitt die FPÖ in Kaisersdorf (minus 12,2 %) und in Lackendorf (minus 11,3 %). Ganz gegen den Trend hat der Weppersdorfer Ortsteil Kalkgruben gewählt: Hier haben die Freiheitlichen mit 27 % ihren höchsten Stimmenanteil erreicht und damit sogar die ÖVP klar hinter sich gelassen.

Wo Grüne und Kleinparteien am stärksten sind

Die mit Abstand stärkste Grün-Wählerschaft im Bezirk findet sich – durch das Plus von 7,1 % – in Frankenau-Unterpullendorf – mit 10,5 %. Dahinter sind die Grünen nur in Oberpullendorf noch sehr stark – mit 8,6 %. Immerhin über knapp weniger oder knapp mehr als 6 % freuten sich die Grünen in Weingraben, Piringsdorf, Kaisersdorf, Kobersdorf, Lackenbach, Steinberg-Dörfl, Draßmarkt, Markt St. Martin, Lockenhaus, Ritzing und Weppersdorf.

Die NEOS haben die meisten Stimmen in Lockenhaus bekommen – 5,4 %. Immerhin 5 % oder etwas mehr waren es in Oberpullendorf, Lutzmannsburg, Nikitsch und Steinberg-Dörfl.

JETZT, die ehemalige Liste Pilz, hat eindeutig in Kaisersdorf am besten abgeschnitten – mit 2,5 % der Wählerstimmen. Deutlich über dem Bezirksdurchschnitt von 1,0 % liegt JETZT in Großwarasdorf, Lutzmannsburg, Steinberg-Dörfl und Raiding. JETZT – mit Herta Emmer aus Steinberg-Dörfl aus Spitzenkandidatin und Bundesgeschäftsführerin der Partei – schafft es nicht in den Nationalrat.

Wer wählte „christlich“?

Die Christliche Partei Österreichs (CPÖ) – sie hat nur im Burgenland kandidiert –  haben im Bezirk gerade einmal 33 Personen gewählt. Die „stärksten“ Gemeinden waren Neckenmarkt mit 7 (von 1.059) und Horitschon mit 5 (von 1.071) Stimmen. Nur in Apetlon im Seewinkel waren es mehr als in Neckenmarkt; im Burgenland insgesamt 260. Zum Vergleich: Die nur in Wien kandidierende „Bierpartei“ hat fast die 20-fache Zahl an Stimmen erhalten.

Die KPÖ hat im Bezirk 91 Stimmen erhalten – fast dreimal so viele wie die CPÖ. Die KPÖ-„Hochburgen“ sind mit 0,9 % Großwarasdorf sowie mit jeweils 1,0 % Ritzing und Unterfrauenhaid.

Die NR-Wahl im Bezirk Oberpullendorf

ÖVP 41,5 % (+ 5,8 %)
SPÖ 32,2 % (- 3,0 %)
FPÖ 14,5 % (- 7,1 %)
NEOS 4,1 % (+ 1,9 %)
JETZT 1,0 % (- 1,2 %)
Grüne 6,1 % (+ 4,3 %)
WANDL 0,2 % (+ 0,2 %)
KPÖ 0,4 % (+ 0,1 %)
CPÖ 0,1 % (+ 0,1 %)

Mehr erste Plätze für ÖVP

Die meisten Wähler im Bezirk hat Deutschkreutz. Konkret wurden 1.756 gültige Stimmen abgegeben. Die mit Abstand stärkste Partei wurde die ÖVP: 47,8 % der Wähler kreuzten die ÖVP an, ein Plus von 5,9 %. Die SPÖ fiel mit einem Minus von 3,0 % auf 25,9 % zurück. An dritter Stelle findet sich in Deutschkreutz die Freiheitliche Partei mit einem Minus von 5,9 % bei einem Stimmenanteil von 15,4 %. Eine wichtige Ergänzung: Der Deutschkreutzer Bürgermeister Manfred Kölly ist bei der NR-Wahl mit seinem Bündnis Liste Burgenland (LBL) nicht angetreten.

Die ÖVP hat in einigen Gemeinden die SPÖ vom ersten Platz verdrängt, so in Oberloisdorf, Mannersdorf, Lackenbach, Markt St. Martin und Piringsdorf. Vorne bleibt die SPÖ in Stoob und Raiding, doch die ÖVP ist nachgerückt – bis auf 17 Stimmen in Stoob und 11 Stimmen in Raiding.

Mehr Wechselwähler in Städten und im Westen

Die stärksten Veränderungen gab es auch diesmal wieder in den Wiener Bezirken. Laut ­Addendum-Analyse gab es auch in Teilen Ober- und Niederösterreichs und in Kärnten größere Abweichungen im Wahlverhalten.

Im Mittelburgenland gibt es offensichtlich noch – zwar schwächer als früher – eine stärkere Bindung der Wählerschaft an einzelne Parteien. Das Wählerverhalten gilt aber auch deshalb als stabiler, weil der Bezirk Oberpullendorf weder eine Hochburg der Freiheitlichen noch der Grünen war und ist.

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