Susanna Paller erfindet laufend neue Geschmacksrichtungen / Foto: Veganista
Ein Rekordjahr für die Eis-Schwestern aus Dörfl – ein sensationelles siebentes Jahr zeichnet sich für Cecilia Havmöller und Susanna Paller ab. Die Schwestern aus Dörfl waren die Pionierinnen in ihrer Branche, haben bereits neun vegane Eissalons und sind uneingeschränkter Marktführer in Österreich. Sie punkten mit Qualität, Kreativität und 350 Sorten veganem Speiseeis.
Die Rekordhitze bringt den Eismacherinnen einen Rekordumsatz. „Die acht Eissalons in Wien und der neue Shop im Outlet-Center in Parndorf gehen super. Ein Rekord zeichnet sich ab“, schwärmt Cecilia Havmöller, die ältere der beiden Unternehmerinnen. „Im Hochsommer haben wir 120 Mitarbeiter beschäftigt – und das sechs Jahre nach der Gründung.“
„Ehrliches Eis“
„Das Konzept mit kompromissloser Qualität und auffallender Kreativität geht auf“, sieht sich die für die Produktion zuständige Susanna Paller bestätigt. Auch ihr Slogan „Eis für alle!“ scheint zu greifen: „Wir haben eine rein vegane Produktion. Andere produzieren das vegane und das nichtvegane Eis in denselben Maschinen. Allergiker kommen zu uns, weil sie das Eis ohne Bedenken essen können. Als Zuckeralternative verwenden wir Birkenzucker, Agavendicksaft und Ahornsirup. Unser Eis ist für Menschen mit Allergien und Unverträglichkeiten zu genießen und diabetikerfreundlich. Und es ist koscher.“
350 Sorten
Ein anstrengendes Experiment sei heuer gelungen, beschreibt Susanna den jetzt auslaufenden Eis-Sommer: „18 Tage lang haben wir jeden Tag eine neue Eissorte in Verbindung mit jeweils einem anderen Land und dessen typischem Geschmack entwickelt und angeboten.“ Der Umsatz habe gestimmt, die Reaktionen waren oft euphorisch. Der 33-Jährigen, die das Eismachen in New York auf industrieller Basis und danach im Selbststudium für das eigene Geschäft gelernt hat, scheinen die Ideen nicht auszugehen. 350 verschiedene Eissorten hat sie insgesamt schon entwickelt: „Das bisher außergewöhnlichste Experiment war das Orange-Olivenöl-Safran-Eis: eine stechende Farbe, erfrischend, leicht cremig, hintennach im Abgang das Olivenöl spürbar, schön dezent und fruchtig. Es war eine tolle Abwechslung!“ Welche Sorten in welchem Eissalon angeboten werden, ist für den jeweiligen Tag auf Facebook ersichtlich.
Bei Frank Stronach gelernt
Cecilia, die 45-Jährige, ist für die Veganista-Finanzen und die Unternehmensentwicklung zuständig. Sie plant schon für das nächste Jahr: „Ein Eissalon in Graz und einer Linz sind das Ziel, wir suchen noch die Plätze. Wenn wir einen haben, dann kann es sehr schnell gehen, weil wir einen Bruder haben, der Architekt ist und für uns arbeitet.“ Noch in der Schublade liegt der Plan für eine Auslandsniederlassung: „Das starten wir, wenn es sich ausgeht, dass sich eine von uns beiden für ein halbes Jahr dem neuen Standort widmen kann. Noch hängen wir beide voll im Geschäft.“ Expandiert wird, wie es Cecilia vor Jahren in einem Job bei Frank Stronach in Kanada gelernt hat. „Finanziert wird aus dem Cashflow, aus dem verdienten Geld. Die Banken sollen bei uns nichts mitzureden haben,“ sagt die studierte Kommunikationsexpertin.
Cecilia Havmöller, die mit einem Schweden verheiratet ist, hat die Selbständigkeit schon immer gereizt. Ihre Hartnäckigkeit hat sie darin bewiesen, die kultige Kosmetikkette „Lush“ – mit den Kennzeichen handgemacht, nachhaltig, fair und tierversuchsfrei – nach Österreich zu bringen. Es war eine echte Herausforderung: „Die Partnerschaft mit den Eigentümern aus England war mühevoll. 2004 habe ich in Wien den ersten Standort aufgebaut. Nach acht Jahren waren es acht Standorte und ein Online-Geschäft. Da bin ich ausgestiegen und habe meinen Anteil verkauft.“ Bei Lush hat sie erstmals mit ihrer Schwester zusammengearbeitet.
Veganer Eissalon war volles Risiko
„Die Idee mit dem veganen Eis ist uns gekommen, weil wir beide vegan sind und es kein gutes Eis für uns gegeben hat“, erzählt Susanna Paller. Und die ältere Schwester Cecilia Havmöller beschreibt den riskanten Start: „Das war zu einer Zeit, da war der Veganismus noch in den Kinderschuhen. Wir haben mit einem Salon angefangen. Unser ganzes Geld haben wir in das Unternehmen gesteckt. Man muss sich vorstellen, eine Eismaschine allein kostet ungefähr so viel wie ein Auto. Und jeder hat uns gesagt: Das wird nichts!“
Gespart haben sie, aber nicht bei der Qualität. „Wir haben noch nie ein Packerl Orangensaft gekauft. Die Orangen werden täglich frisch gepresst“, nennt Su-
sanna Paller ein Beispiel. „Preislich muss bei einer solchen Produktion natürlich ein Unterschied sein. Wir liegen mit den Preisen im oberen Segment, aber der Unterschied ist nachvollziehbar – im Geschmack, der ist unvergleichlich.“ Einen Euro und 80 Cent kostet die Eiskugel einer normalen Sorte und zwei Euro und 20 Cent die Kugel von besonderen Sorten. „Unsere teuerste Kugel veganes Eis kostet drei Euro. Aber nur für drei Sorten: Granatapfel, Bio-Feige und Nobelbitter-Bergamotte. Unsere Kunden verstehen das, weil viel dahintersteckt.“
Keine Kompromisse
Bei der Produktion halten die veganen Eismacherinnen den Standard hoch: Sie verwenden nur natürliche Inhaltsstoffe und diese aus pflanzlicher Herkunft. Wenn möglich, werden Bio-Produkte und solche aus regionaler Herkunft verarbeitet. Und die Nachhaltigkeit geht bis zu biologisch abbaubaren Eisbechern und Eislöffeln.
Anders drückt es Susanna Paller aus: „Unser Eis ist absolut natürlich. Das heißt, wir verwenden keine künstlichen Zusatzstoffe, keine Fertigpasten, keine Farbstoffe und keine Geschmacksverstärker. Die meisten Sorten werden mit Sojamylch hergestellt. Für Menschen mit Sojaallergie gibt es Eis mit Hafermylch, Reismylch oder Kokosmylch.“ Mylch steht für Pflanzenmilch, weil es nach EU-Recht verboten ist, Produkte, die nicht von Säugetieren produziert wurden, als Milch zu bezeichnen.
Erfolg macht stark
Unbeirrt haben die zwei Frauen an ihrem Erfolg gearbeitet. Und die Auszeichnungen geben ihnen Recht: „Beliebtester Eissalon des Jahres“, „Unternehmerin des Jahres“ oder „gelistet unter den 50 weltbesten Eissalons“. „Die Schwestern Cecilia Havmöller und Susanna Paller haben entschieden dazu beigetragen, dass Wien heute weltweit zu den Vegan-Metropolen zählt“, schwärmt die Vegane Gesellschaft Österreich.
Die Unternehmerinnen sind sich ihrer Stellung in der Gesellschaft bewusst. „Veganista: Pionierinnen der neuen Eiszeit“ nennt sich das von ihnen im Freya Verlag herausgegebene Buch. Bei ihrem Höhenflug sind sich die gebürtigen Mittelburgenländerinnen selbst treu geblieben – jedoch nur noch ganz selten in Dörfl zu Besuch. Ihre Herkunft streitet die Unternehmerin Cecilia Havmöller aber nicht ab: „Ich sage immer, ich bin Burgenländerin. Mit meiner offenen Art, sich nichts zu pfeifen und natürlich zu sein.“